Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass Unternehmen und Behörden auch Praktika diskriminierungsfrei vergeben müssen.
Verfolgt ein Praktikum das Ziel, “berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben”, müssen Arbeitgeber das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beachten. Geklagt hatte ein Student, bei dem ein Grad einer Behinderung von 40 anerkannt worden war und der sich bei der Bundesagentur für Arbeit für ein Förderprogramm beworben hatte. Das Programm sah für bestimmte Studierende unter anderem Praktika in den Semesterferien mit einer monatlichen Vergütung von 1.570 Euro vor. Der Student teilte bei siner Bewerbung seine Behinderung mit und auch, dass er gerade einen Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten gestellt habe. Als schwerbehindert gelten Personen ab einem Behinderungsgrad von 50 Prozent, ein Gleichstellungsantrag kann aber auch schon mit einem geringeren Grad gestellt werden.
Die Bundesagentur für Arbeit sagte dem Bewerber ab. Drei Wochen nach der Bewerbungsabsage wurde der Student rückwirkend mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Und das hatte Folgen: Denn nun konnte er die Behörde verklagen und eine Diskriminierungsentschädigung verlangen, weil die Arbeitsagentur zu seinem Bewerbungsverfahren nicht die Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet hatte.
Kein Entschädigungsanspruch
Ein dreistes Vorgehen? Keineswegs, urteilt nun das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 212/22): Das Gesetz und seine Diskriminierungsverbote greifen auch für “die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten” sowie entsprechende Bewerberinnen und Bewerber. Hier sei es laut Ausschreibung “um erste praktische Erfahrungen bei der Bundesagentur für Arbeit” gegangen und es sei eine “Praktikumsvergütung” angeboten worden. Dies komme einer Beschäftigung gleich. Dass das Programm auch eine Förderung für das Studium selbst umfasste, ändere daran nichts.
Einen Entschädigungsanspruch habe hier der Kläger aber dennoch nicht. Eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung habe er nicht dargelegt. Dass die Arbeitsagentur nicht die Schwerbehindertenvertretung informiert hatte, könne nicht als Indiz für eine Diskriminierung gelten, weil zum Zeitpunkt des Bewerbungsverfahrens über den Gleichstellungsantrag noch nicht entschieden gewesen sei.
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