Krankengeld trotz verspäteter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Frau liegt schlafend im Bett

Für die Übermittlung von AU-Bescheinigungen an die Krankenkasse sind bei gesetzlich Versicherten Arztpraxen und Krankenhäuser zuständig. Eine verspätete Übermittlung führt daher nicht zum Verlust von Krankengeld, wie ein jüngst veröffentlichtes Urteil zeigt.

Eine verspätete Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen führt seit Anfang 2021 nicht mehr zum Verlust von Krankengeld, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem jüngst veröffentlichten Urteil entschied. (Az. B 3 KR 23/22 R). Der freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherte Kläger war vom 31. März bis zum 21. Juli 2021 krank. Zunächst zahlte wie üblich der Arbeitgeber für sechs Wochen den Lohn fort. Im Anschluss blieben die erwarteten Krankengeldzahlungen jedoch aus. Die Krankenkasse begründete das damit, dass sie keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erhalten hatte. Die nämlich hatte der Versicherte erst Ende Juli, also nach Ende seiner Krankheit, nachgereicht.

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtBeschäftigte, die länger als sechs Wochen krank sind, haben generell Anspruch auf Krankengeld. Um das überhaupt erhalten zu können, muss sowohl der Arbeitgeber als auch die Krankenkasse innerhalb einer bestimmten Frist die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erhalten (was auch für Folgebescheinigungen gilt). Während Mitarbeitende in der Regel ihre Arbeitgeber selbst informieren müssen, sind bei gesetzlich Versicherten seit Anfang 2021 Arztpraxen und Krankenhäuser für die Meldung bei der Krankenkasse zuständig. Das heißt, sie sind dafür verantwortlich, dass die Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten informiert wird – mittlerweile geht das auch per elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).

Versicherte sind nicht für Verspätung verantwortlich

Das BSG stellte in dem Urteil fest, dass nicht mehr Versicherte für die Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zuständig sind, sondern Vertragsärzte und Krankenhäuser die Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkasse zu übermitteln haben. Ausgenommen sind davon bisher Privatärztinnen und -ärzte sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.

Zudem war für das BSG bei der Urteilsentscheidung nicht relevant, dass zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht alle Arztpraxen über die technischen Voraussetzungen für den elektronischen Versand von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verfügten. Und auch die Tatsache, dass die Einführung des IT-Systems teilweise verzögert war, ändert nichts an der Übermittlungspflicht.

Und weil der Versicherte eben nicht mehr für die Übermittlung seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkasse verantwortlich war, kann er auch nicht für die Verspätung verantwortlich gemacht werden.


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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat und Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union.