Jobbindung sinkt deutlich

Mann sitzt am Schreibtisch

Die Identifikation und Bindung von Beschäftigten an ihren Job sind in Deutschland rückläufig, wie eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt.

Laut der alljährlichen Berufe-Studie des Versicherers HDI gaben nur 47 Prozent der Befragten an, dass ihr Beruf eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielt. Im Vergleich dazu waren es im Vorjahr 58 Prozent. Die Untersuchung wirft zudem ein Licht auf das Verhältnis von Arbeit und Vergütung. Nur 41 Prozent der Befragten gaben an, dass der Job für sie mehr als nur ein Mittel zum Geldverdienen ist. Dies ist ein Rückgang von 10 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Dabei preisen viele Unternehmen ihre offenen Stellen als “spannende Herausforderung” an. Dieser Begriff scheint jedoch nicht bei allen Mitarbeitenden Anklang zu finden.

Quiet Quitting nimmt zu

Cover für Überall, nur nicht im BüroDie von Yougov im Auftrag von HDI durchgeführte Umfrage befragte zwischen Mai und Juni 2023 3.864 Berufstätige ab 15 Jahren aus allen sechzehn Bundesländern. Während die genauen Gründe für die abnehmende Arbeitszufriedenheit nicht erfasst wurden, berichteten fast 60 Prozent der Befragten von den Auswirkungen des Fachkräftemangels in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich. 31 Prozent davon sprachen von einem erhöhten Arbeitsdruck. Der Fachkräftemangel stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit, Prozesssicherheit und Kundenservice, so Jens Warkentin, Vorstandschef von HDI Deutschland.

Interessant ist zudem der internationale Kontext: Während der Corona-Pandemie erlebten die USA eine Welle von Kündigungen, die unter dem Begriff “quiet quitting” bekannt wurde. Deutschland hingegen sah während der Pandemie eine erhöhte Identifikation mit dem Beruf. Dennoch sind jüngste Daten besorgniserregend. Die HDI-Studie zeigt, dass der Wert der Identifikation mit dem Beruf auf ein niedrigeres Niveau gesunken ist als vor der Pandemie im Jahr 2019.

Sicherer Job und genügend Freizeit hat für viele hohe Priorität

Eine Studie der Boston Consulting Group und des Jobbörsenverbands The Network ergab ebenfalls, dass ein sicherer Job und genügend Freizeit für Familie und Hobbys für viele höhere Priorität haben als eine “spannende” Tätigkeit. Und in Bezug auf die Arbeitsmarktfluktuationen ergab eine Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft, dass die Fluktuationsrate während der Pandemie zunächst zurückging und 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichte. Ferner zeigt die HDI-Umfrage, dass viele bereit wären, auch nach der Rente weiterzuarbeiten – vorausgesetzt die Bedingungen stimmen. Über ein Viertel wäre bereit, unter besseren Konditionen weiter zu arbeiten, während es unter den aktuellen Bedingungen nur 10 Prozent wären.

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Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.