Die wachsenden Herausforderungen überfordern die mittelständische Wirtschaft zunehmend; das Management leidet darunter erheblich. Unterstützen können in Zeiten rascher Veränderungen Interim Manager.
Die wachsenden Herausforderungen überfordert vor allem den Mittelstand, warnt Dr. Harald Schönfeld, Geschäftsführer der Personalberatung Butterflymanager, die Interim Managern vermittelt. Laut Schönfeld werden diese „Führungskräfte auf Zeit“ immer häufiger angefordert, weil das Managementteam in den Unternehmen angesichts immer kürzerer Innovationszyklen oft überfordert ist.
„Früher standen die Fragen im Mittelpunkt, was sich ändert, also beispielweise Kundenbedürfnisse, Energiekosten, Rohstoffe, Lieferketten oder der Arbeitsmarkt durch den Fachkräftemangel. Doch jetzt treten zusehends die Art und Weise und die Geschwindigkeit des Wandels – wie und wie schnell – in den Vordergrund“, sagt Schönfeld. Was gestern noch modern war und nach monatelanger Analyse als Investition in Technologie, Mitarbeitende, neue Märkte oder Prozesse sinnvoll erschien, gilt heute schon als viel zu aufwändig, teuer, inkompatibel und vor allem zu langsam. Die Ausbreitung von Künstlicher Intelligenz hat die Veränderungsgeschwindigkeit weiter erhöht und wird dies auch künftig tun.
Die Herausforderungen betreffen fast alle Abteilungen
Diese Entwicklung hat fatale Auswirkungen auf die Führungsetagen, weiß Schönfeld aus vielen Gesprächen mit Interim Managern. Die Zeitspanne zwischen der Erkenntnis „Wir brauchen etwas anderes“ und der Umsetzung vor Ort hat sich massiv verkürzt. Zudem müssen immer kürzere Amortisationsphasen einkalkuliert werden: „Entweder rechnet sich ein Produkt bzw. ein neues Angebot am Markt für das Unternehmen binnen ein bis zwei Jahren oder es läuft Gefahr, schon wieder veraltet zu sein, bevor es überhaupt wirtschaftlich wird“, erklärt Schönfeld.
Die Herausforderungen durch kürzere Innovations- und Amortisationszyklen betreffen fast alle Abteilungen. „Wir bekommen immer häufiger Anfragen nach einem ganzen Team von Interim Managern, die sich parallel um unterschiedliche Bereiche in ein- und demselben Unternehmen kümmern sollen“, sagt Schönfeld. „Das hat es noch vor zwei Jahren überhaupt nicht gegeben.“
- Burnout-Ursache: Persönlichkeit oder Umwelt?
- Chronischer Stress: Die unsichtbare Gefahr für Führungskräfte
- Burnout: So hilft die Psychotherapie
- Erschöpfte Führungskräfte verschleißen ihre Teams
- Was passiert beim Burnout im Körper?
Typische Bereiche, die von der Beschleunigung erfasst werden, sind Forschung und Entwicklung, Einkauf und Supply Chain Management, Personalwesen, Marketing und Vertrieb sowie das Finanzwesen. „Also im Grunde das gesamte Unternehmen“, sagt Schönfeld. Eine Folge ist, dass selbst das Topmanagement Entscheidungen oft gar nicht mehr allein fällen kann und Eigentümer, Investoren, Aufsichtsräte oder Beiräte einschalten muss. „Die beschleunigte Innovationsgeschwindigkeit reißt mit ihren Folgen alle mit“, fasst Schönfeld zusammen.
Interim Management gegen Burnout in der Chefetage
Schönfeld kennt viele Fälle von Burnout in der Chefetage. „Das sind die Situationen, in denen ein verzweifelter Eigentümer oder Aufsichtsrat bei uns anruft und praktisch über Nacht einen neuen Interims-CEO, also Vorstand oder Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit, sucht“, berichtet er. „Man muss sich fragen, was schlimmer ist: ein Unternehmen, das von einem auf den anderen Tag ohne Führung dasteht, oder ein Spitzenmanager, der trotz Burnout über Monate hinweg weitermacht, mit möglicherweise verheerenden Folgen für sich selbst, aber oftmals auch für die Firma?“ Die Einstufung von Burnout als Krankheit durch die WHO seit Anfang 2022 ändere wenig daran, dass Burnout bei Führungskräften weiterhin ein Tabuthema sei. „Wer sich als offiziell ausgebrannt krankmeldet, läutet damit in der Regel das abrupte Ende seiner beruflichen Karriere ein“, gibt Schönfeld zu bedenken.
Als Abhilfe empfiehlt der HR-Experte, rechtzeitig Interim Manager ins Unternehmen zu holen. „Angesichts der zunehmenden Beschleunigung ist es nicht etwa ein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, sich gut ausgebildete Managementkapazitäten an die Seite zu holen. Schließlich gehört es längst zur Normalität, Berater für alle möglichen Aufgabenstellungen anzuheuern. Interim Manager sind ähnlich erfahren wie Berater, weisen aber einen entscheidenden Vorteil auf: Sie geben nicht nur kluge Empfehlungen, sondern sie setzen diese als Führungskräfte im betrieblichen Alltag um. Erst das schafft häufig dringend notwendige Entlastung für das Topmanagement und hilft dem Unternehmen in beschleunigten Zeiten Kurs zu halten.“ Besonders mittelständische Firmen, die oft die hohen Kosten für Berater scheuen, sind mit Interim Managern besser bedient, weil diese an den konkreten Aufgabenstellungen mitarbeiten.