Arbeitgeber zweifeln gelegentlich an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeitenden. Doch wie können sie handeln, ohne rechtliche Risiken einzugehen?
Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) gilt als wichtigster Nachweis. Arbeitgeber sollten daher grundsätzlich davon ausgehen, dass sie korrekt ist. Doch was tun, wenn häufige oder lange Krankmeldungen oder andere Umstände Zweifel wecken?
Arbeitgeber können die Arbeitsunfähigkeit prüfen, müssen dabei aber die Rechte der Beschäftigten wahren. Bei Verdacht sollten sie zunächst das Gespräch suchen, ihre Bedenken respektvoll und klar darlegen. Oft lassen sich Missverständnisse so rasch ausräumen.
- Hausbesuch vom Arbeitgeber: Wie weit darf Kontrolle gehen?
- Kettenkrankschreibung: Wann gibt’s länger als sechs Wochen Gehalt?
- AU-Bescheinigung hat hohen Beweiswert
Zweitmeinung einholen
Ist eine genauere Prüfung nötig, sollten Arbeitgeber stets respektvoll und sachlich vorgehen, um Konflikte zu vermeiden. Bei ernsthaften Zweifeln an der AU kann der Arbeitgeber eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Dazu muss er sich an einen „vertrauensärztlichen Dienst“ wenden. In Deutschland fordern gesetzliche Krankenkassen solche Gutachten an. Der Arzt des vertrauensärztlichen Dienstes prüft dabei die Arbeitsunfähigkeit. Diese Maßnahme sollte jedoch nur erfolgen, wenn ernsthafte Zweifel bestehen. Zudem muss der Arbeitgeber diese Möglichkeit korrekt und im Einklang mit Datenschutz und Fürsorgepflicht anwenden.
Verdachtsmomente: Beobachtungen und Dokumentation
Zweifel entstehen oft durch Verhaltensweisen, die die Glaubwürdigkeit der Krankmeldung infrage stellen. Postet der Mitarbeitende beispielsweise während der Krankmeldung Aktivitäten in sozialen Medien, die nicht zur Arbeitsunfähigkeit passen, werden Arbeitgeber misstrauisch. Dennoch sollten sie in solchen Fällen vorsichtig vorgehen, denn solche Beobachtungen sollten nicht alleinige Grundlage für Maßnahmen sein. Sinnvoll ist, alle Verdachtsmomente sorgfältig zu dokumentieren, ohne dabei die Privatsphäre des Mitarbeitenden zu verletzen. Eine solche Dokumentation ist vor allem dann hilfreich, wenn rechtliche Schritte nötig werden.
Maßnahmen bei fortbestehenden Zweifeln
Bestehen trotz aller Bemühungen Zweifel, gibt es verschiedene rechtliche Möglichkeiten:
– Abmahnung oder Kündigung bei vorsätzlichem Fehlverhalten: Besteht der Verdacht, dass der Mitarbeitende ohne triftigen Grund krankgeschrieben ist, kann dies eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen – jedoch nur bei konkretem, belegbarem Verdacht. Eine Kündigung muss dabei gut begründet und im Einklang mit dem Kündigungsschutzgesetz erfolgen.
– Regelmäßige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Der Arbeitgeber kann den Mitarbeitenden bitten, regelmäßig ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen, wenn der Verdacht besteht, dass Krankmeldungen aus anderen Gründen erfolgen.
– Betriebsarzt: Ein Betriebsarzt kann die gesundheitlichen Aspekte beurteilen und die Arbeitsfähigkeit bestätigen oder widerlegen.
Bei allen Maßnahmen müssen Arbeitgeber die Rechte des Mitarbeitenden wahren, insbesondere den Datenschutz. Denn Gesundheitsdaten unterliegen strengen Datenschutzbestimmungen, und der Arbeitgeber darf nur in bestimmten Fällen darauf zugreifen. Daher sollten alle Maßnahmen mit Bedacht gewählt und die rechtlichen Rahmenbedingungen genau beachtet werden. Die Missachtung des Datenschutzes kann rechtliche Konsequenzen und den Vertrauensverlust nach sich ziehen.
Mehr Informationen im SPIEGEL-Bestseller:
Was Chefs nicht dürfen – und was doch
von Sabine Hockling und Ulf Weigelt
Ullstein Verlag (1. Auflage, Juni 2017)
9,99 Euro (D)
ISBN 978-3-548-37694-3
Wir übernehmen keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Rechtsinhalte. Insbesondere ersetzten die Beiträge grundsätzlich nicht eine fachkundige Rechtsberatung.