Ein Urteil aus Baden-Württemberg klärt die Anforderungen an diskriminierungsfreie Stellenanzeigen. Der Begriff “Digital Native” kann auf unzulässige Altersdiskriminierung hinweisen.
Ein erfahrener Wirtschaftsjurist, geboren Anfang der 1970er-Jahre, bewarb sich auf eine Kommunikationsposition bei einem bekannten Sportartikelhersteller. Die Ausschreibung suchte jemanden, der sich „als Digital Native“ in digitalen Medien, PR-Strategien und Gestaltungstools auskennt. Nach seiner Ablehnung forderte der Bewerber Entschädigung, da die Wortwahl jüngerer Kandidat:innen bevorzuge und ihn altersbedingt benachteilige.
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Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 17 Sa 2/24) bestätigte die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Heilbronn (Az. 8 Ca 191/23): “Digital Native” verknüpfe sich mit einer Altersgruppe, typischerweise Personen, die in den 1980er-Jahren oder später geboren wurden. Diese Bezeichnung nehme auf das Alter Bezug und könne laut Gericht als Altersdiskriminierung gelten, wie sie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet.
Der Arbeitgeber konnte keinen konkreten Nachweis für eine sachliche, nicht altersbedingte Ablehnung erbringen
Das Gericht kritisierte auch andere Formulierungen der Ausschreibung, wie die Aufforderung, ein “absoluter Teambuddy” zu sein, die ein jugendliches Bewerberprofil suggerierten. Solche Ausdrücke könnten bei älteren Bewerber:innen ausschließen, unabhängig von deren Qualifikation oder Erfahrung.
Das Unternehmen argumentierte, die Absage sei aus fachlichen Gründen erfolgt, da der Bewerber keinen Sportbezug zeigte und überqualifiziert war. Das Gericht überzeugte diese Argumentation nicht, da der Arbeitgeber keinen konkreten Nachweis für eine sachliche, nicht altersbedingte Ablehnung erbrachte. Die gesetzliche Vermutung einer Diskriminierung blieb bestehen.
Arbeitgeber müssen bei Jobanzeigen sensibel mit Begriffen umgehen
Das Gericht sprach dem Kläger 7.500 Euro Entschädigung zu. Es stellte fest, dass “Digital Native” generationenbezogen sei und in Stellenanzeigen ohne Kontext nicht verwendet werden sollte, um Diskriminierung zu vermeiden.
Die Entscheidung zeigt: Arbeitgeber müssen bei Jobanzeigen sensibel mit Begriffen umgehen, die mit Alter, Geschlecht, Herkunft oder anderen geschützten Merkmalen assoziiert werden. Auch moderne Begriffe können rechtliche Risiken bergen, wenn sie bestimmte Gruppen ausschließen.
Das Urteil könnte künftige Diskussionen über Sprache in Recruitingprozessen beeinflussen und ein Umdenken im HR-Bereich anstoßen.
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