Antidiskriminierungsstelle schlägt Alarm: Offene Diskriminierung nimmt zu

Graffiti auf Hauswand

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes warnt: In Deutschland wird wieder vermehrt offen und ungehemmt diskriminiert.

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtIn Deutschland wird laut Ferda Ataman, der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, wieder offener diskriminiert. In der “Rheinischen Post” sagt Ataman, es fehle an repräsentativen Studien, um zu klären, ob Diskriminierung heute häufiger vorkommt als früher. Auffällig sei jedoch, dass sich immer mehr Menschen bei der Antidiskriminierungsstelle und zivilgesellschaftlichen Organisationen melden.

„Wir merken, dass wieder offener und ungehemmter diskriminiert wird“, sagte Ataman. Sie sieht einen Zusammenhang zwischen zunehmender Diskriminierung und Wahlergebnissen. “Dass Rechtsextreme bei Wahlen mehr Zustimmung erhalten, empfinden manche offenbar als demokratische Legitimierung für menschenverachtende Einstellungen”, erklärt sie.

Auch Gewalttaten nehmen zu

Ataman erinnert daran, dass vor dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) Arbeitgeber offen nach “jungen, hübschen Sekretärinnen” suchten oder betonten, dass “keine Bewerbungen von Ausländern” erwünscht seien. Solche diskriminierenden Ausschreibungen seien nach der Einführung des AGG seltener geworden. “Heute stellen wir jedoch fest, dass Menschen wieder öfter Absagen erhalten, in denen rassistische oder behindertenfeindliche Schimpfwörter stehen”, so Ataman. Sätze wie “Leute wie Sie brauchen wir hier nicht” tauchen wieder häufiger auf.


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Ataman weist auf die Zunahme gewalttätiger Übergriffe hin, die sich gegen Geflüchtete, Muslime, Jüdinnen und Juden sowie queere Menschen und Menschen mit Behinderung richten. “In diesen Fällen sprechen wir nicht von Diskriminierung, das sind Straftaten. Aber auch dort, wo wir zuständig sind, stellen wir einen klaren Anstieg fest”, erklärt Ataman. Neben mehr rassistischer und antisemitischer Diskriminierung beobachtet ihre Behörde auch mehr Fälle sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

Ataman betont, dass es eine hohe Dunkelziffer nicht gemeldeter Diskriminierungsfälle gibt. Die letzte repräsentative Umfrage liegt einige Jahre zurück und zeigt, dass jeder dritte Mensch in Deutschland Diskriminierung erlebt hat.

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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat und Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union.