Wer nicht auf seine vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden kommt, sammelt Minusstunden an. Doch was passiert, wenn Beschäftigte mit Minusstunden das Unternehmen verlassen?
Ordnen Arbeitgeber an, dass Beschäftigte weniger arbeiten sollen, oder ist die Arbeit aufgrund von Betriebsunterbrechungen nicht möglich, dürfen sie die so entstandenen Minusstunden nicht anrechnen. Das sieht anders aus, wenn Beschäftigte Minusstunden ansammeln, weil sie beispielsweise ihre Arbeit später beginnen, ihre Pausen überziehen, während des Arbeitstages private Angelegenheiten erledigen oder früher Feierabend machen.
Rein rechtlich entstehen Minusstunden erst, wenn ein Unternehmen die Arbeitszeit per Zeiterfassungssystem erfasst – wozu Arbeitgeber mit mehr als zehn Beschäftigten seit 2024 durch das Arbeitszeiterfassungsgesetz verpflichtet sind. Gibt es im Unternehmen kein Zeiterfassungssystem, und dürfen Mitarbeitende Über- und Minusstunden machen, ist der rechtlich sichere Nachweis für beide (!) Seiten schwierig. In diesem Fall sollten Über- wie auch Minusstunden von Beschäftigten dokumentiert und von Vorgesetzten abgezeichnet werden.
Wichtig: In der Regel dürfen Mitarbeitende nicht einfach weniger arbeiten. Tun sie das ohne Genehmigung ihres Arbeitgebers, verstoßen sie gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. In diesen Fällen kann eine Abmahnung oder gar eine fristlose Kündigung folgen.
Ab wann ist ein Gehaltsabzug möglich?
Arbeitgeber legen fest, wie viele Minusstunden Beschäftigte ansammeln dürfen und in welchem Zeitraum sie diese ausgleichen müssen. Hat ein Mitarbeitender mehr Minusstunden als erlaubt angesammelt und diese innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraums nicht nachgearbeitet, dürfen Arbeitgeber die Minusstunden vom Gehalt abziehen. Das gilt auch, wenn ein Beschäftigter kündigt oder ihm gekündigt wird. Es sei denn, er arbeitet die Minusstunden vor dem Ausscheiden aus dem Betrieb nach.
Wichtig: Wurden die Minusstunden nicht per Arbeitszeitkonto dokumentiert, und scheidet ein Mitarbeitender aus dem Unternehmen aus, dürfen Arbeitgeber eventuelle Minusstunden nicht vom Gehalt abziehen.
Auf keinen Fall dürfen Minusstunden mit dem Urlaub verrechnet werden, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgericht belegt (Az.: 9 AZR 43/97). Demnach können Minusstunden, die in der Vergangenheit entstanden sind, nicht mit Urlaub, der in der Zukunft liegt, verrechnet werden.
Sonderregelungen für Schwangere und Auszubildende
Grundsätzlich dürfen Schwangere laut § 4 Mutterschutzgesetz maximal 8,5 Stunden täglich bzw. 90 Stunden innerhalb von zwei Wochen arbeiten. Fallen vor dem Mutterschutz, der sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt gilt, Minusstunden an, können diese mit dem Gehalt verrechnet werden.
Wichtig: Der § 23 des Mutterschutzgesetzes regelt, dass Schwangere für Vorsorgeuntersuchungen vom Arbeitgeber freigestellt werden müssen – ohne, dass dadurch Minusstunden entstehen.
Haben Auszubildende nichts zu tun, dürfen sie keine Minusstunden ansammeln, sondern müssen bezahlt freigestellt werden.
Mehr Informationen im SPIEGEL-Bestseller:
Was Chefs nicht dürfen – und was doch
von Sabine Hockling und Ulf Weigelt
Ullstein Verlag (1. Auflage, Juni 2017)
9,99 Euro (D)
ISBN 978-3-548-37694-3
Wir übernehmen keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Rechtsinhalte. Insbesondere ersetzten die Beiträge grundsätzlich nicht eine fachkundige Rechtsberatung.