Toxische Chefs: Was ist arbeitsrechtlich möglich?

Mann hält sich seine Hand vor das Gesicht

Schikanieren Vorgesetze ihre Beschäftigten, sollten diese sich wehren. Niemand muss sich alles gefallen lassen – auch nicht von seinem Chef. Zudem sind Vorgesetzte verpflichtet, ihre Fürsorgepflicht zu erfüllen.

Mobbt ein Vorgesetzter, verletzt er das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Führt dies zu gesundheitlichen Schäden, können Betroffene nach § 823 BGB Schadensersatz verlangen. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts leigt vor, wenn ein Vorgesetzter einen Mitarbeitenden über längere Zeit wiederholt oder systematisch schikaniert – sei es mündlich oder schriftlich. Solches Verhalten entwürdigt und grenzt aus, womit der Vorgesetzte seine Fürsorgepflicht bricht.

Um zu klären, ob ein Chef toxisch handelt, sollten Betroffene alle Vorfälle genau dokumentieren. Entscheidend ist nicht nur, welche Beleidigungen, Erniedrigungen oder Einschüchterungen vorliegen, sondern auch, dass diese über einen längeren Zeitraum auftreten. Vor Gericht zählt, dass die Rechtsverletzung systematisch geschah und sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzt. Arbeitsgerichte prüfen vorab, ob es sich tatsächlich um toxisches Verhalten handelt – oder um übliche Konflikte.


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Vorfälle dokumentieren

Es spielt keine Rolle, ob ein direkter oder übergeordneter Vorgesetzter toxisch handelt. Arbeitgeber haften nach § 278 BGB auch für das Verhalten ihrer Führungskräfte. Dennoch zeigt die Praxis, dass Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche oft schwer durchzusetzen sind. Betroffene sollten daher gut abwägen, welche Schritte sie einleiten. Nach einem Gerichtsverfahren ist eine Rückkehr an den Arbeitsplatz häufig nicht mehr möglich oder sinnvoll.

Was tun bei toxischem Verhalten?:

  1. Reflektieren: Zunächst sollten Betroffene prüfen, ob das Verhalten des Chefs tatsächlich toxisch ist oder ob es sich um eine vorübergehende Konfliktsituation handelt.
  2. Dokumentieren: Liegt toxisches Verhalten vor, sollten sie die Vorfälle schriftlich festhalten – mit Datum, Uhrzeit, Ort, Beteiligten und einer genauen Beschreibung.
  3. Das Gespräch suchen: Hatten Betroffene bisher ein gutes Verhältnis zum Chef, kann ein klärendes Gespräch helfen. Dafür sollten sie einen passenden Zeitpunkt und Ort wählen, “Ich”-Aussagen nutzen und konkrete Beispiele nennen. Sie sollten klar formulieren, welche Veränderung sie erwarten.
  4. Betriebsrat oder Personalabteilung einschalten: Führt das Gespräch zu keinem Ergebnis oder ist es nicht möglich, sollten Betroffene den Betriebsrat informieren. Gibt es keinen, können sie sich an die Personalabteilung wenden und ihre Dokumentation vorlegen. Diese sollte geeignete Maßnahmen einzuleiten.
  5. Kollegen einbeziehen: Gespräche mit Kolleg:innen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, können hilfreich sein – vor allem, wenn Zeugenaussagen benötigt werden.
  6. Gewerkschaft kontaktieren: Mitglieder einer Gewerkschaft erhalten dort Unterstützung und Beratung.
  7. Rechtlichen Rat einholen: Da toxisches Verhalten oft rechtliche Konsequenzen hat, sollten Betroffene eine:n Fachanwält:in für Arbeitsrecht konsultieren.

Selbstschutz nicht vergessen

Während Betroffene die Situation klären, sollten sie sich selbst schützen. Das bedeutet: Grenzen setzen, sich psychologische Unterstützung suchen oder bei Bedarf Urlaub nehmen oder sich krankmelden. Bleibt die Lage unerträglich und ändert sich nichts, kann ein Jobwechsel die beste Lösung sein. Gesundheit und Wohlbefinden sollten immer an erster Stelle stehen.


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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.