Eine neue Studie enthüllt: Flexibles Arbeiten verliert an Bedeutung. Doch was wollen Beschäftigte wirklich?
Eine der größten Veränderungen am globalen Arbeitsplatz in den letzten vier Jahren war die weitverbreitete Einführung flexibler Arbeitsregelungen. Während der Pandemie rückte die Nachfrage nach Flexibilität in den Vordergrund, doch seitdem hat sie an Bedeutung verloren, wie die Studie „People at Work 2024: A Global Workforce View“ des ADP Research Institutes zeigt.
Die Umfrage zeigt, dass 25 Prozent der Beschäftigten flexible Arbeitszeiten wichtig finden, während 15 Prozent flexible Arbeitsorte schätzen. Beschäftigte aller Altersgruppen und Regionen bewerten die Flexibilität des Arbeitsortes niedriger als Gehalt, Jobsicherheit, Arbeitszufriedenheit und Karriereentwicklung. In Europa bevorzugen nur 14 Prozent der Befragten einen flexiblen Arbeitsort, etwas weniger als im asiatisch-pazifischen Raum (15 Prozent), Lateinamerika (15 Prozent) und Nordamerika (17 Prozent).
Die Umfrage belegt, dass der Anteil der vollständig vor Ort arbeitenden Beschäftigten im Jahr 2023 von 52 Prozent im Jahr 2022 auf fast 55 Prozent gestiegen ist. Dieses Wachstum resultiert hauptsächlich aus einem zweiprozentigen Rückgang hybrider Beschäftigter um 2 Prozent. Der Anteil der Fernarbeitenden blieb mit 12 Prozent nahezu unverändert.
Der Wunsch nach Autonomie ist altersabhängig
Der Wunsch nach Autonomie variiert mit dem Alter. Beschäftigte ab 55 Jahren schätzen die Kontrolle über ihre Zeit mehr als jüngere Mitarbeitenden. 31 Prozent der über 55-Jährigen setzen flexible Arbeitszeiten an die Spitzer ihrer Prioritäten, während weniger als 24 Prozent der 18- bis 24-Jährigen dies tun.
Fernarbeitende fühlen sich 1,3-mal häufiger unsicher in Bezug auf ihre Arbeit als hybride oder vor Ort arbeitende Beschäftigte. Dieses Gefühl könnte ein allgemeines Unbehagen unter Fernarbeitenden hinweisen, da sie physisch nicht am Arbeitsplatz sind oder das Gefühl haben, ihre Arbeitgeber trauen ihnen nicht zu, effektiv zu arbeiten. “Der Wunsch nach flexiblen Arbeitsregelungen verschwindet nicht, er wird nur zusammen mit anderen Jobattributen, die Beschäftigte schätzen, wie Karriereentwicklung und Arbeitszufriedenheit, neu priorisiert”, erklärt Dr. Nela Richardson, Chefökonomin von ADP.
“Unsere Umfrage bietet eine wichtige Lektion für Arbeitgeber”, sagt Richardson. “Während Beschäftigte die Autonomie schätzen, die flexible Arbeitsregelungen bieten, haben sie auch das Gefühl, dass ihre Arbeitgeber sie stärker überwachen. Führungskräfte sollten klare Standards für die Arbeit außerhalb des Büros festlegen und diese klar kommunizieren, um Vertrauen zu fördern.”
Elternschaft und Flexibilität
Fast 44 Prozent der Beschäftigten mit Kindern berichten von mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten, verglichen mit 18 Prozent der Eltern mit erwachsenen Kindern und 33 Prozent der kinderlosen Beschäftigten. Fernarbeitende mit Kleinkindern fühlen sich jedoch besonders verletzlich. Über ein Drittel der remote arbeitenden Eltern mit sehr kleinen Kindern gibt an, sich in ihrem Job unsicher zu fühlen.
Der Anteil der Beschäftigten, die sich unsicher fühlen, ist bei den ausschließlich remote Arbeitenden am höchsten:
- remote/von zu Hause aus: 24 Prozent
- vor Ort/an meinem Arbeitsplatz: 19 Prozent
- eine Mischung aus beidem: 20 Prozent
Dennoch sind Arbeitgeber eher bereit, diesen Eltern mehr Flexibilität zu gewähren. Mehr als die Hälfte der Eltern mit Kindern zu Hause (51 Prozent) sagt, dass ihr Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitsort flexibler geworden ist, im Gegensatz zu 18 Prozent der Eltern mit erwachsenen Kindern und 36 Prozent der Menschen ohne Kinder.
Multigenerationale Belegschaft und deren Unterscheidungsmerkmale
Da ältere Beschäftigte in den Ruhestand gehen und eine neue Generation eintritt, müssen Arbeitgeber die unterschiedlichen Prioritäten einer Belegschaft mit breitem Altersmix berücksichtigen.
Zukünftig wird es entscheidend sein, Unternehmensinitiativen zu balancieren, die mehrere Generationen unterstützen, um ein positives Arbeitsumfeld zu fördern. Einige wesentliche Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten sind:
- Erwachsene im Alter von 25 bis 34 Jahren, die sich im Arbeitsleben etablieren, legen weniger Wert auf den täglichen Arbeitsgenuss (26 Prozent).
- Beschäftigte ab 55 Jahren priorisieren die Kontrolle über ihre Zeit mehr als ihre jüngere Mitarbeitende. 31 Prozent der über 55-Jährigen setzen flexible Arbeitszeiten an die Spitze ihrer Prioritäten, verglichen mit 24 Prozent der 18- bis 24-Jährigen.
- 17 Prozent der 18- bis 24-Jährigen schätzen die Freiheit, ihren Arbeitsort zu wählen, im Vergleich zu 13 Prozent der über 55-Jährigen.
- Mit zunehmendem Alter legen Beschäftigte mehr Wert auf das Gehalt. 62 Prozent der 45- bis 54-Jährigen setzen das Gehalt als höchste Priorität, gefolgt von 56 Prozent der 25- bis 34-Jährigen und 44 Prozent der 18- bis 24-Jährigen.
Beschäftigte fühlen sich überwacht
Die Remote-Arbeitsregelungen haben einen Nachteil mit sich gebracht: Fernarbeitende empfinden eine stärkere Überwachung durch ihre Organisationen. Die meisten Beschäftigten glauben, dass ihre Arbeitgeber ihre Zeit und Anwesenheit überwachen, unabhängig von ihrem Standort. Dieser Glaube ist bei Fernarbeitenden (68 Prozent) ausgeprägter. Auch hybride Beschäftigte (65 Prozent) fühlen sich häufiger überwacht als ihre Kolleg:innen vor Ort (60 Prozent).
Führungskräften teilen dieses Gefühl. Sie glauben sogar eher als einzelne Beschäftigte, dass ihre Arbeitgeber sie überwachen. Über 77 Prozent der oberen Führungskräfte geben an, dass ihre Arbeitgeber sie genauer beobachten, verglichen mit 46 Prozent der einzelnen Beschäftigten.
- Im Fokus: Workation
- Im Fokus: Überall, nur nicht im Büro
- Welche Megatrends der Arbeitswelt prägen unsere Zukunft?
- Homeoffice als Lockmittel
- Wie gelingt moderne Arbeit wirklich?
- Im Fokus: 4-Tage-Woche
Die Wahrnehmung einer verstärkten Überwachung variiert jedoch zwischen den Branchen. Im Reise- und Transportwesen, Einzelhandel, Catering und Freizeit, wo Beschäftigte häufiger kundenorientiert und vor Ort arbeiten, fühlen sich deutlich weniger Beschäftigte überwacht.
In den Medien-, Marketing-, IT- und Telekommunikationsbranchen, die eher remote arbeiten, intensivieren sich die Verdächtigungen der Beschäftigten. Paradoxerweise berichten im Gesundheitswesen, wo viele Rollen persönlich erledigt werden müssen, 73 Prozent der Beschäftigten, dass sie stärker überwacht werden als je zuvor.
„People at Work 2024: A Global Workforce View“ untersucht die Einstellung der Arbeitskräfte zur aktuellen Arbeitswelt und ihre Erwartungen an den Arbeitsplatz der Zukunft. Das ADP Research Institute® befragte zwischen dem 22. Oktober und dem 24. November 2023 insgesamt 34.612 Arbeitskräfte in 18 Ländern, darunter mindestens 500 speziell in der Gig-Economy. Die Befragten stammen aus:
- 15.383 in Europa (Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Polen, Spanien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich)
- 9.567 in der Asien-Pazifik-Region (Australien, China, Indien, Japan und Singapur)
- 5.860 in Lateinamerika (Argentinien, Brasilien und Chile)
- 3.802 in Nordamerika (Kanada und die Vereinigten Staaten)
Innerhalb der Stichprobe wurden Gigworker identifiziert, die auf Zeit- oder Saisonbasis, als Freiberufler:innen, unabhängiger Auftragnehmender, Berater:innen oder Gigworker tätig sind oder eine Online-Plattform nutzen, um Arbeit zu finden. Traditionell Beschäftigte sind jene, die nicht in der Gig-Economy arbeiten und eine feste Voll- oder Teilzeitstelle haben. Die Umfrage fand online in der jeweiligen Landessprache statt. Die Gesamtergebnisse sind gewichtet, um die Größe der Erwerbsbevölkerung für jedes Land darzustellen.