Werden Kündigungen aufgrund von Bagatellen bekannt, ist die Empörung oft groß. Geht es doch meist nur um einen Schaden mit geringem Wert. Doch so einfach ist es nicht.
Viele glauben, dass eine Kündigung aufgrund einer “Bagatelle” ungerechtfertigt ist. Und sind erstaunt, wenn Arbeitsgerichte bei einem Schaden von einer Liter Flasche Desinfektionsmittel aus dem Betrieb oder von Portokosten im Centbereich die Kündigung ohne vorherige Abmahnung für gerechtfertigt halten. Und dann gibt es Fälle, bei denen Arbeitsgerichte eine Kündigung wieder einkassieren.
Warum Arbeitsgerichte in solchen Fällen unterschiedlich agieren, liegt an verschiedenen Kriterien. Einerseits betrachten Arbeitsgerichte wie sich betroffene Beschäftigte verhalten. Also, zeigen sie sich reumütig und entschuldigen sie sich bei ihren Arbeitgebern für ihr Fehlverhalten. Andererseits schauen sich Arbeitsgerichte das Beschäftigungsverhältnis genauer an: Wie lange war der betroffene Beschäftigte für den Arbeitgeber tätig? Verlief es bisher beanstandungsfrei? Und besteht eine Wiederholungsgefahr?
Unwiderruflich zerstörtes Vertrauensverhältnis
Natürlich geht es bei den entwendeten Dingen um das Eigentum des Unternehmens. Und verständlich ist auch, dass Arbeitgebern durchaus der Geduldsfaden reißen kann, wenn Mitarbeitende dieses Eigentumsverhältnis ignorieren. Trotzdem muss die Reaktion eines Arbeitgebers auf das Fehlverhalten eines Beschäftigten immer verhältnismäßig sein.
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Im Klartext: Handelt es sich um einen Schaden im Centbereich, ist der Beschäftigte zehn Jahre und länger für einen Arbeitgeber tätig und ist tritt das Fehlverhalten zum ersten Mal auf, sollten Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung aussprechen. Eine Kündigung ohne eine vorherige Abmahnung wird von Arbeitsgerichten in der Regel nur akzeptiert, wenn das Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerstört ist.
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